Liquiditätsreserve Immobilie
 

Verfolgt man das Finanzierungsverhalten von vielen Banken, könnte man zu dem Schluss kommen, dass Immobilien im Laufe der Zeit an Wert verlieren.
Anders lässt es sich kaum erklären, dass nach Ablauf der Zinsfestschreibung häufig eine neue Zinsvereinbarung (Prolongation) angeboten wird, die eher als Abwehrangebot, als den Wunsch den Kunden zu halten, zu verstehen ist.

Ähnlich auch das Verhalten, wenn Sie als Immobilienbesitzer Ihren "Dispo" aufstocken wollen oder als Unternehmer zur Überbrückung Geld von der Bank benötigen.

Aufgeschreckt durch die weltweit niederschmetternde Berichterstattung über geplatzte Immobilienfinanzierungen und Werteverfall, einhergehend mit Bankenpleiten und ähnlichem, ist es nicht verwunderlich, dass Banken heute Immobilien sehr viel kritischer bewerten, als noch vor Jahrzehnten.

Hinzu kommt, dass "Basel III" (im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht werden Eigenkapitalvereinbarungen der Banken geregelt) deutlich höhere Anforderungen an die Eigenkapitaldecke der Banken stellt als bisher; was die Vergabe von Darlehen zusätzlich erschweren wird.


Dabei wird die Wertentwicklung von Immobilien häufig völlig unterschätzt oder schlicht falsch berechnet.

So stieg z.B. der Baupreisindex vom 4. Quartal 2010 zum 4. Quartal 2011 um 2,9 %.
Im Zeitraum 2003 bis 4/2011 stieg der Index von 98,6 auf 120,4 (Baupreisindex Basis 2000).
Dies ist ein Preisanstieg im Neubau von konventionell gefertigten Wohngebäuden von immerhin 22,1 %.

Diese Preissteigerung im Neubau geht nicht 1/1 in den Wert von gebrauchten Immobilien ein, zeigt jedoch den Trend der Entwicklung.

Hier einige Beispiele aus der Praxis:

3 Zimmerwohnung in Stuttgart-Mitte, Bj. 95, mittlere Lage,
durchschnittliche Ausstattung, 75 m² Wfl., typische Unterhaltung
 
am 01.01.2005 am 01.01.2011
Marktwert:       2.350,00 €/m² Marktwert:       2.620,00 €/m²
Verkehrswert:  176.250,00 € Verkehrswert:  196.530,00 €

Wertsteigerung in 6 Jahren: 20.280,- € bzw. 11,5 %.
Die Miete ist in diesem Zeitraum von 8,28 €/m² auf  9,13 €/m² gestiegen (+10,3 %).
Die Bruttomietrendite von 4,2 % auf 4,7 % (+11,9 %).
 

3 Zimmerwohnung in Stuttgart-West, Bj. 65, mittlere Lage,
durchschnittliche Ausstattung, 75 m² Wfl., typische Unterhaltung
 
am 01.01.2002 am 01.01.2011
Miete: 6,38 €/m² Miete: 8,00 €/m²

Die Miete ist in diesem Zeitraum um 1,62 €/m² gestiegen (+25,4 %).
 

2 Familienhaus in Stuttgart-Vaihingen, Bj. 67, mittlere Lage,
durchschnittliche Ausstattung, 234,15 m² Wfl., typische Unterhaltung

Verkehrswert am 14.11.2002 rd. 517.000,00 €.
Mieteinnahmen: 1.704,97 € p.m.
Bruttomietrendite: 3,96 %.

Die Mieteinnahmen am 14.11.2011 betragen: 2.066,63 €
Bruttomietrendite jetzt: 4,8 %

Die Bruttomietrendite ist somit in 9 Jahren um rd. 21 % gestiegen.
 

Bei üblicher Instandhaltung von Immobilien steigen die Werte in aller Regel im Laufe der Jahre. Wie hoch die tatsächliche Wertsteigerung ist, ist stark lageabhängig.
In wirtschaftsstarken Ballungszentren steigen die Preise mehr, als in eher wirtschaftsschwachen Lagen "auf dem Land".
Tatsächlich kann der Wert einer Immobilie auch fallen z.B. in Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit oder Bevölkerungsrückgang (wie häufig in den neuen Bundesländern oder z.B. in Bremerhaven) oder wenn die Immobilie Instandhaltungsstau oder Mängel aufweist. Auch rechtliche Vereinbarungen wie z.B. Nießbrauch oder Wohnungsrechte können den Wert erheblich belasten.

Abgesehen von diesen Sonderumständen ist jedoch damit zu rechnen, dass der Wert von Immobilien im Laufe der Zeit zunimmt.

Darlehensverhandlung mit der Bank:
Bevor Sie mit Ihrer Bank über ein Darlehen verhandeln, kann ich daher nur anraten, vorher den aktuellen Wert Ihrer Immobilie neu bestimmen zu lassen.

Der Banker wird ansonsten von der Aktenlage ausgehen (müssen). Vermutlich die schlechten Pressemitteilungen über Immobilien in den USA im Kopf haben, gepaart mit der Problematik, dass die Bank dringend die Eigenkapitaldecke erhöhen muss (Basel III). Sich sowieso mit manchen Berufsgruppen und Branchen schwer tut - und somit - um eigene Bauchschmerzen zu vermeiden - eher geneigt sein, ihnen schlechte Konditionen anzubieten oder Ihren Wunsch schlicht abzulehnen.

Die Praxis zeigt, dass Darlehens-Verhandlungen mit neuen, aktuellen Immobilienwerten deutlich leichter von der Hand gehen und die Banken sehr froh über aktuelle Zahlen sind.

Ein Beispiel könnte so aussehen:

Hotel aus der Jahrhundertwende, Verkehrs-/Marktwert 1/2005 rd. 3.200.000,- € => zu 60 % finanziert => 1.920.000,- € Darlehen.
Die Tilgung beträgt pro Jahr 40.000,- €.

Verhandlung 1/2011 bezüglich Dispoaufstockung:
Die Bank geht davon aus, dass insbesondere Hotelbetriebe üblicherweise im Wert seit 2005 um mindestens 15 % gefallen sind.
Die Rechnung sieht dann wie folgt aus: 3.200.000,- € - 15% = 2.720.000,- € => 60 % beleihungsfähig => 1.632.000,- €
Die erfolgte Tilgung von 360.000,- € gleicht somit gerade mal den beleihungsrelevanten Wertverlust aus.
Eine Aufstockung des Dispos ist somit unwahrscheinlich, da sich das Risiko für die Bank in den 9 Jahren nicht verringert hat.

Das Nachgutachten dokumentiert jedoch einen Verkehrs-/Marktwert von 3.400.000,- €
Somit sieht die Rechnung wie folgt aus:
Beleihungsrelevanter Wert: 3.400.000,- € => 60 % = 2.040.000,- €
abzüglich Restdarlehen 1.560.000,- €   (Darlehen 1.920.000,- € abzüglich 360.000,- € Tilgung)
Sicherheits-/ Liquiditätsreserve = 480.000,- €

Die Praxis zeigt, dass sich verhältnismäßig wenige Immobilienbesitzer über den tatsächlich aktuellen Wert ihrer Immobilie bewusst sind. Dabei kann die Immobilie gerade in heutiger Zeit, bei denen die Bonitäten der Kunden manchmal (willkürlich) schlecht gerechnet werden, ein Weg sein, die eigene Bonität zu erhöhen.

Die Liquiditätsreserve die Immobilien darstellen, werden sehr oft völlig unterschätzt.

 

Noch ein Wort zur derzeitigen günstigen Zinslage
In Anbetracht der bevorstehenden Umsetzung von "Basel III" ist davon auszugehen, dass die Immobilienzinsen wieder steigen werden.
Ganz nebenbei erwähnt - sie waren auch noch nie so niedrig wie zur Zeit.

Es empfiehlt sich bei Finanzierungen möglichst lange Laufzeiten zu vereinbaren.
Die Wahrscheinlichkeit, dass in 5 Jahren noch immer ein so günstiges Zinsniveau herrscht wie zur Zeit ist eher gering. Besser also gleich 10 Jahre oder noch besser 15 Jahre die Zinsen fest vereinbaren (nach 10 Jahren haben Sie bei über 10jähringen Zinsfestschreibungen ohnehin ein einseitiges Sonderkündigungsrecht).

Sollte Ihre bestehende Finanzierung noch ein paar Jahre laufen, so können Sie trotzdem von den günstigen Zinssätzen profitieren, in dem Sie ein s.g. Forward-Darlehen abschließen.
Sie vereinbaren also bereits jetzt mit der Bank den Zinssatz, obwohl sie das Darlehen erst in ein paar Jahren benötigen.
Forward-Darlehen können bis zu 60 Monate im Voraus vereinbart werden.

Sprechen Sie mit Ihrem Finanzierungsberater oder setzen Sie sich mit uns in Verbindung.

 

© BGI ‑ Bewertungs-Gesellschaft für Immobilien mbH
  Martin Riekert
  http://www.bgi-mbh.com

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